Alltag erLEBEN

Alltag erLEBEN

12. November 2018 0 Von susanne

Gestern haben wir das „Julchen“ abgetakelt, heute haben wir es noch zu seinem Winterplatz gebracht. Auf der Fahrt durch den trüben Tag und den Regen zum Kranen habe ich so gedacht: „Vielleicht hat es mir auch das Leben gerettet.
Damit ist nun der Sommer 🙂 endgültig beendet. Naja, wir fliegen ja übermorgen zu den Malediven. Da holen wir uns noch mal Nachschlag.

Aber es ist so: Zu Hause gibt es einen ganz anderen Tagesablauf, immerzu ist was zu erledigen und es bedarf einer großen Disziplin nicht wieder in den Alltagstrott zurückzufallen. Ich befinden mich in einer Art Schwebezustand: Bin ich nun krank oder gesund? Noch laufen Behandlungen, wie  z.B. Hyperthermie und Hochdosis-Vitamin C-Infusionen.
Soll ich den Tumor jetzt schon ganz „vergessen“, muss ich nicht langsam wieder was arbeiten und braucht meine Gesundheit noch meine volle Aufmerksamkeit, bin ich zu leichtsinnig? Natürlich tauchen diese Fragen auf und es gibt keine vollständigen Antworten darauf. Immer, wenn diese Fragen auftauchen, kehre ich ins HIER und JETZT zurück und überprüfe, ob das, was ich gerade mache, das ist, was ich gerade machen will. 🙂 Ich erLEBE den Augeblick.

Auch hier vertraue ich dem LEBEN, dass es mir meinen weiteren Weg zeigen wird. Zur Zeit ist die Praxis noch nicht wieder der richtige Platz. Ich fühle mich nicht wirklich wohl und willkommen dort unten, wenn ich mal reinschaue. Obwohl es mir eine große Freude ist, meine Schwestern und Kollegen und liebgewonnene Patienten zu umarmen. Es ist schon komisch, wie „fremd“ einem der Platz werden kann in so kurzer Zeit, an dem man über 25 Jahre gearbeitet hat. Ich mag diese Feststellungen, ohne sofort nach Gründen suchen zu müssen. Ich lasse mich überraschen…. Es ist im Prozess…
Von meinem Gefühl her wird sich bis Ende des Jahres auch noch nicht viel zeigen. Irgendwie scheint das erst der Zeitpunkt zu sein, wo dann Neues entstehen kann.

Im ersten Jahr nach Abschluss der Therapie (Operation) besteht ein 50%iges Risiko für ein Wiederauftreten, dieses Risiko wird Jahr um Jahr dann weiterhin halbiert. Die fifty-fifty Chance will und werde ich mir natürlich nicht entgehen lassen. D.h. mein Bestes dazu geben, dass das LEBEN in mir ordnend und heilend wirken kann. Jedem anderen Patienten würde ich ebenso diesen Rat geben. Zu schnell sind wir meistens wieder im Funktionieren.

LEBEN oder Funktionieren? Ihr kennt ja meine Frage… 🙂

Lebendige Momente getankt habe ich auch, als ich letzte Woche bei Johanna in Birmingham zu Besuch war:

10.11.2018

12.00 Uhr Ortszeit Manchester

Ich sitze am Flughafen und warte auf meinen Rückflug nach Hamburg.  Ein paar Tage war ich hier zu Besuch bei meiner Tochter Johanna. Angekommen am Montagabend in Birmingham, wurde ich von ihr und Freundin vom Flughafen abgeholt. Den Dienstag verbrachten wir auf dem Campus der Universität, mit langen Spaziergängen und in der Stadt. Es ist schon toll, wohin meine Kinder mich immer wieder „entführen“. Ohne „Anlass“ würde es mich wohl auch nicht so nach England ziehen… Und es ist immer wieder schön zu sehen, wo sie leben, mit wem sie leben (5er WG in Mosley) und eine andere Kultur kennenzulernen.

Mittwoch ging es dann mit dem Zug nach Wales. Nach kleinen Irrwegen sind wir auch endlich am Nachmittag in unserem Chalet gelandet. Wohnwagenpark dicht an der Küste in der Nähe von Aberystwyth. Hat lange gedauert, das aussprechen zu können… J Das Wetter war typisch englisch angesagt: grau, Wolken, Wind und Regen. Und trotzdem hat es uns eine Regenpause geschenkt, in der wir unseren ersten Spaziergang über die Berge an der Küste entlang nach Aberystwyth machen konnten. Dieser Blick hat uns für alle ersten kleinen Unannehmlichkeiten und Irrungen entschädigt. Küste, Wasser und frische Luft stehen  bei uns beiden ziemlich hoch auf der Hitliste. Und dann bisschen Stadtbummel, Kaffee trinken und im Pub essen, das gehört dazu. Ein Taxi hat uns zurück gebracht.

Und am nächsten Morgen? Natürlich Qigong am Meer und mein „Job“ im Steintürmebauen. Vielleicht mag es für Euch schon langweilig klingen, für mich ist es immer wieder ein neues Erlebnis der Natur. Der Himmel ist immer anders, das Meer klingt hier viel gewaltiger und jeder Morgen ist neu. Zurück im Wohnwagen hat Johanna schon das Frühstück vorbereitet.

Und als der Regen einsetzt sind wir erst mal faul, lesen und schauen dann eine DVD.

Nachmittags zieht es uns dann doch nach draußen und wir spazieren wieder über die Berge nach Aberystwyth. Dort erwartet uns zufällig und doch pünktlich ein gewaltiges Naturschauspiel. Hier sammeln sich zum Sonnenuntergang Tausenden von Staren zu einem halbstündigen Tanz im Schwarm, um dann von einen auf den anderen Augenblick unter der dortigen Seebrücke ihren Schlafplatz einzunehmen. Es erinnert an die Fischschwärme unter Wasser, wie hier die Stare in wabbernden Wolken über die Pier schweben und zu tanzen scheinen.

Und so vergehen auch hier die Tage im Einklang mit den Tageszeiten, der Natur und dem Wetter. Am Abreisetag kommt dann auch die Sonne raus, so dass wir eine gute Fahrt nach Manchester haben.

Es war eine wunderschöne Zeit dort mit Johanna. Danke, Liebe.