Metastasen-Krimi
06.05.2019
16.00 Uhr
Ich merke, ich bin gute Nachrichten kaum noch gewohnt. Nach den letzten 4 Monaten, wo sich eine Herausforderung der nächsten stellte und eine „schlechte“ Nachricht auf die nächste folgte.
Heute war ich beim Kontroll-MRT der Leber und alle 4 metastasenverdächtigen Befunde von vor 2 Monaten scheinen verschwunden. Dies ist der vorläufige Befund. Und ich spreche ihn auch ganz bewusst vorsichtig aus, weil wir diese Situation ja schon mal im Herbst hatten, wo es hieß: „Der Tumor ist weg.“ Dann tauchte er in anderen Untersuchungen doch in aller Pracht auf.
Es ist ja sowieso eher ein Metastasen-Krimi: Doch den habe ich in Rücksicht auf meine Töchter, die davon noch gar nichts wussten, noch nicht geschrieben. Jetzt habe ich mit den Mädchen gesprochen. Es gab Tränen, es gab Fragen, es gab Trost, es gab Umarmungen und es gab Verständnis und Hoffnung. Das ist eine ganz eigene Geschichte: Die Krebs-Herausforderung- und Bewältigung zusammen mit meinen Töchtern. Und ja natürlich gibt es dort einen Bereich, wo wir uns Sorgen machen. Einfach deshalb, weil wir uns so gern haben, eine sehr innige und liebevolle Beziehung haben. Da dürfen auch Traurigkeit, Tränen und Sorgen sein, sie bekommen ihren Raum und wir lassen sie jedoch nicht stärker werden, als wir selbst. Am Ende ist alles gut!
Wann begann also der Metastasen-Krimi?
Drei Tage nach der Seebestattung meiner Mutter!
Am Freitag davor rief mich noch mein Onkologe an und meinte, man hätte „was“ gesehen im CT, das in der Notaufnahme wegen meiner Bauchschmerzen zu dieser Zeit, gemacht worden war. Naja, dachte ich, gut, ich bin Privatpatient…da ist vielleicht irgendeine kleine Stelle…schieben wir mal ein MRT hinterher. Ohne jede Gedanken bin ich dann am Dienstag zum MRT und ich war ziemlich baff, als der Radiologe mich hinterher reinholte und mir Stellen zeigte, die vorher nicht da waren. Und schon rutschte ich in die Kategorie: metastasiertes Rektumkarzinom. Andere Statistiken, andere Überlebenschancen, andere Therapien, alles anders….
Frage an den Onkologen:
„Welches Behandlungsziel haben wir eigentlich? Kurativ oder palliativ?“
Er meinte, die Chancen stehen gar nicht so schlecht, dass wir das noch kurativ, also heilend, behandeln können.
Irgendwie konnte ich diese „Dinger“ nicht ganz ernst nehmen. Das kann einfach nicht sein! Woher denn jetzt schon Metastasen? Mir ging es gerade 2 Tage wieder gut und ich dachte, es geht jetzt aufwärts.
Annehmen, was ist,
heißt auch, sich informieren, wenn die „Dinger“ nun mal da sind. Also Recherche Internet nach Therapie von Lebermetastasen. Und schon wieder taucht dort das Wort „Operation“ auf. Och nö, dazu hab ich jetzt nach den Erfahrungen im Januar wirklich keine Lust. Auch wenn es sich wieder alles so „einfach“ anhört. Und die Leber sich auch gut regeneriert, wenn man ihr einfach ein Stück rausschneidet. Pause… Ausatmen…
Also, E-Mail-Kontakt mit schon bekannten Kollegen in Mannheim. Frage nach Therapieoptionen: Chemo? Antikörper? Operation? Ich schicke ihm die CD mit den MRT-Bildern. Anfang April kommt eine Nachricht zurück: „Ich habe die Bilder am runden Tisch und mit … unserer Radiologin besprochen. Sie sieht KEINE sicheren Metastasen, auch nicht im langfristigen Verlauf.“
WAS??? Und ich dachte, wenigsten MRT und CT sind objektive Befunde….Das muss man doch sehen, was der andere Kollege gesehen hat…Hab ich nun Metastasen oder nicht? Sehe ich vielleicht doch nur das, was ich denke…?
Nachdem ich den Befund meines hiesigen Radiologen nach Mannheim geschickt hatte, revidierten sie den Befund und „ … sehen nun doch die kleinen Veränderungen, die man im Auge behalten sollte.“
Inzwischen hatte ich mir schon andere Leberspezialisten in Berlin und Leipzig rausgesucht und auch dorthin meine früheren und aktuellen MRT-Bilder geschickt.
Leipzig: „…insgesamt 4 hochgradig metastasensuspekte Leberherde im rechten Leberlappen…“
Berlin: „…einen eindeutigen Hinweis für Lebermetastasen gibt es nicht…“
Essen: „…es ist schwierig bei ihr… sind tatsächlich einzelne helle winzige Flecken zu sehen, von denen 2 neu sind zur VU … Ich fürchte, es bleibt unklar und man muss zumindest den V.a. 2 winzige Filiae äußern. ..“
Ich kam mir langsam wirklich wie in einem Krimi oder bei der Lotterie vor. Mir war bewusst, wenn ich jetzt noch mehr Radiologen befrage, wird es nicht eindeutiger.
Gott sei Dank bin ich in Gelassenheit trainiert.
Aber ich kann mir vorstellen, wie es viele Patienten verunsichern und ängstigen würde. Zweit- und Drittmeinungen sind manchmal hilfreich, manchmal nicht…
Es geht mir hier auch überhaupt nicht um ein RICHTIG oder FALSCH. Und ob irgendein Kollege Fehler macht. Sondern ich bin auch als ärztliche Kollegin einfach verblüfft, erstaunt und auch bisschen besorgt, wie Befunde und damit Diagnosen entstehen. Und jeder Kollege gibt sich Mühe in seinem Tun…
Und noch eins: Die Verantwortung für mein LEBEN habe ich! Wiederum die einzige Rettung und Sicherheit finde ich im HIER und JETZT. Die 4x Chemotherapie waren schon angesetzt und liefen ja schon durch. Und bis ich alle Nachrichten zusammen hatte, war auch schon der MRT-Kontroll-Termin am letzten Montag.
09.05.2019
16.00 Uhr
Ich sitze am Laptop und gleichzeitig gebe ich mir eine Hochdosis-Vitamin-C-Infusion. Dafür ist der Port einfach großartig!
Und heute hatte ich das Gespräch mit meinem Onkologen. Mir war klar, dass die Empfehlung noch weiter Chemotherapie heißen würde. Und eigentlich hatte ich letzte Woche damit innerlich schon abgeschlossen. Noch im Wartezimmer wollte ich schon mit Hugo besprechen, dass ich mich vielleicht noch auf 2x Chemo einlassen würde, mehr nicht.
Im Gespräch dann empfahl er mir genau diese beiden Chemos und legte mir auch sehr ans Herz, diese zu machen. Über alles andere „ließe sich reden“. 🙂
Sind wir noch bei ADJUVANT oder bei PALLIATIV? Er wollte sich heute nicht festlegen.
Nach den beiden Chemos dann würde die Rückverlegung des Stomas anstehen.
Operation…. welche eine Freude…
Es war ein gutes Gespräch mit Informationen, Aufklärung und Mitgefühl. Danke dafür.
Ich werde diesen Weg weitergehen. Das ist die Entscheidung für JETZT. Bisher habe ich mich immer wieder gut erholt danach. Die Chemo-Woche selbst ist immer „doof“, da bin ich nicht ich selbst… Ich kann die Abstände etwas strecken bis auf 3 Wochen. Das fühlt sich entspannt an.
Es ist für mich das erste Mal während der Krebserkrankung, dass ich denke, ich MUSS das jetzt durchstehen. Auch eine neue Erfahrung und ich bin immer neugierig auf neue Erfahrungen. 🙂
Mein Geistestraining wird mir dabei helfen.
Morgen fahre ich zu Friederike nach Hamburg. Sie weiß von alledem noch nichts. Es gab noch kein Gespräch über die Metastasen und am Telefon wollte ich das nicht mit ihr besprechen. Nun bin ich sehr froh, dass ich mit der Mitteilung anfangen kann, dass sie verschwunden sind.
(Hatte ich wirklich welche…???)
Dann geht der Artikel Metastasen-Krimi in den Blog.
12.05.2019
22.00 Uhr
„Positiv, verrückt und zukunftsträchtig“….
Rike und Hannes wissen Bescheid… 🙂
Beitragsbild: pixabay
Liebe Susanne,
Deine Krankengeschichte bewegt uns sehr, es ist schon erstaunlich, welches Wechselbad der Gefühle die moderne Diagnostik bereiten kann. Dein Umgang mit den überraschenden Aussagen Deiner Kollegen zeugt von psychischer Reife und gibt auch uns Mut und Zuversicht, dass Du uns noch lange erhalten bleibst.
Gern würden wir Dich mal wieder in die Arme schließen, mit Dir reden und mit Dir lachen. Bist Du in nächster Zeit mal auf Deinem Boot? Das Wetter soll ja wärmer und damit für einen Aufenthalt auf dem Boot geeigneter werden, wir würden uns freuen, Dich dort besuchen zu können.
Es grüßen und drücken Dich ganz herzlich
Uta und Lothar
Liebe Uta, lieber Lothar,
ganz lieben Dank für Eure unterstützenden und ermutigenden Worte.
Im Moment bin ich noch unregelmäßig in Kühlungsborn wegen Chemo und anderen Terminen.
Aber ich freue mich, wenn Ihr mich dort mal besucht. Ihr werdet es ja hier lesen, wann ich wieder häufiger und dauerhafter dort bin. Oder schickt mir eine Nachricht. Alles Liebe Euch.
Susanne
Alles Liebe für dich und Danke für dich…
Ich sende dir eine Umarmung von ganzem Herzen…
Simone